Gaudilender
Rounders


Esslinger Zeitung, 08.06.89
Schnullis veranstalten auf dem Köngener Sportplatz ein Baseballturnier
"Detroit Tigers" zeigten ihre Zähne
"Rounders, Baseball für Dilettanten" und viel Spaß hieß das Erfolgsrezept
Köngen - Die "Schnullis" haben nun mal ein Faible fürs Ungewöhnliche. Dieser Tage ließ die pfiffige Jugendgruppe einmal mehr aufhorchen: Jochen Maier und seine Freunde veranstalteten auf dem Köngener Sportplatz im Neckartal ein Baseballturnier. Weil jedoch der amerikanische Massensport hierzulande noch in den Kinderschuhen steckt, begnügten sich die "Schnullis" für den Anfang mit einfacheren Spielregeln. "Rounders, Baseball für Dilettanten" hieß das Erfolgsrezept.

König Baseball durfte dennoch Hof halten: Immerhin 14 Mannschaften gingen mit ihren Schlaghölzern auf die Jagd nach dem kleinen orangeroten Ball. An Faszination mangelt es dem US-Import-Spiel offenbar nicht. Als das Finale nach neun Stunden abgepfiffen wurde, hatten die engagiertesten Fans noch immer nicht genug. Eine Neuauflage des Rounders-Turniers in 1990 ist bereits geplant. Während die einen mit sportlichem Ehrgeiz ums Karree hetzten, suchten andere Teams vor allem ein bißchen Gaudi. Einen Baseball-Superstar vom Schlage eines "Babe" Ruth hatte zwar keine Mannschaft in ihren Reihen, doch ein paar vielversprechende Talente hätten die Späher der amerikanischen Profi-Clubs beim Rounders-Turnier im Neckartal durchaus entdecken können Die Thekenmannschaft durfte derweil erfahren, daß soviel sportliches Engagement auch gehörigen Appetit macht: Hamburger gingen weg wie warme Semmeln, zum Geheimtip avancierte freilich eine eigens von den "Schnullis" kreierte Spezialität: "Harrisburger" - da strahlten die zufriedenen Esser.
Im Endspiel standen sich nach einem achtstündigen Qualifikations-Marathon die "Detroit Tigers" und das "Werner-Bölkstoff-Team" gegenüber. Die Konstellation erinnert an das legendäre Tennis-Match Steffi Graf gegen Otto Waalkes: Hüben die "Tigers", die ihren Gegenern mit aller Macht die Zähne zeigen wollten. Und drüben das "Werner-Bölkstoff-Team", das der Konkurrenz nach Kräften Paroli bot - eine Mannschaft in Phantasie-Klamotten, die den Spaß am Drumherum zu ihren wichtigsten Spielregeln erhoben hatte.
Am Ende machten es die schwäbischen "Tigers" besser als ihre Vorbilder in der American-Baseball-Liga: Während die Profis aus Detroit in diesser Saison schon einige Federn ließen, landeten die gleichnamigen Amateure aus dem Neckartal einen nie gefährdeten Turniersieg. Dem "Werner-Bölkstoff-Team" blieb trotz einer Klasseleistung nur der zweite Platz. Doch die eigentlichen Sieger waren die Veranstalter selbst. Die Köngener Jugendgruppe "Schnullis" hatte mit einer ungewöhnlichen Idee ins Schwarze getroffen. Das Rounders-Turnier, für Jochen Maier und seine Kumpels ein klassischer Home-Run. Besser geht's im Baseball nicht.

 

Esslinger Zeitung, 09.06.98
von Karin Brühl
Auch der Regen stoppt die Baseball-Dilettanten nicht
"Verein gegen unterdrückte Lebensfreude" sorgt für spaßiges Turnier in Köngen - Für eine durchgelaufene Runde gibt es ein Gummibärchen
Köngen - "Los, hau ihn weg!" oder "Lauf! Des langt no!"" klingt es über den Köngener Sportplatz. Gemeint ist mit diesen Anfeuerungsrufen der jeweilige Schläger oder Läufer der eigenen Mannschaft. Ganz ernst nahmen es die Spieler beim "Rounders - Baseball für Dilettanten" aber nicht. Die Veranstalter vom "Verein gegen unterdrückte Lebensfreude" hatten vor allem einen vergnüglichen Nachmittag im Sinn.

Eigentlich war ein Aufnahmetest für das Turnier angekündigt : "Mitmachen darf jeder, der fehlerfrei einen Big Mac futtern kann", hieß es Aber auf diese Probe verzichtete der "Verein gegen unterdrückte Lebensfreude" dann doch. Mitmachen konnte jeder, der einfach Spaß an der Sache hatte. Einige Teilnehmer haben sich wohl vom Regenguß vor Beginn des Turniers abschrecken lassen. Plötzlich knallt die Sonne wieder auf den Platz und es finden sich sechs Mannschaften zusammen. "Fat Mamas", "Gänseblümchen", "Faule Hunde" oder "Bromi Bombers" nennen sich die Teams.

Starrer Blick auf den Ball
Die ersten Übungen mit dem Baseballschläger gehen noch daneben. "Du mußt den Ball im Blick haben und allles andere ausblenden", erläutert Reinhold Brombach, der das Ganze schon beherrscht.. Der Spieler muß den Schläger ziemlich weit unten mit beiden Händen halten und über die Schulter asholen. Bald ist es nicht mehr so schwierig, den Ball zu treffen - wohin er aber fliegt, bleibt eher dem Zufall überlassen. Der Werfer lebt deshalb gefährlich. Oft zischen ihm die Bälle um die Ohren.

Ähnlich wie Brennball
"Rounders-Baseball" wird mit vereinfachten Regeln gespielt, ähnlich wie Brennball. Das Spielfeld ist zehn auf zehn Meter groß. An den rot-weißen Eckstangen kann der Läufer eine Pause machen, wenn sein Schlag nicht so gut war. Punkten kann er jedoch nur mit einem "Rounders", also mit einer komplett durchgelaufenen Runde. Für diese Anstrengung ist ihm der Jubel seiner Mannschaft sicher, als weitere Belohnung gibt es ein Gummibärchen. Die generische Mannschaft versucht natürlich alles, um ein "Rounders" zu vermeiden. Wenn sie den Ball direkt aus der Luft fängt, ist der Schläger sofort ausgeschieden. Ansonsten kann er abgeschlagen werden, wenn er sich nicht gerade an einer sicheren Eckstange befindet.

Bis alle ausgeschieden sind
Aus zehn Spielerinnen und Spielern besteht eine Mannschaft. Gespielt wird über zehn Runden oder bis alle ausgeschieden sind. - was manchmal vorher der Fall ist. Aber die Schläge werden mit der Zeit besser, schon mancher Ball fliegt quer über den Sportplatz. Das bringt die Feldmannschaft in Schwierigkeiten. Unkoordiniert versuchen gleich drei Spieler den Ball zu fangen und rennen gegeneinander. Aber auch die Läufer kommen zunehmend ins Schwitzen. Obwohl das Feld so klein ist, sind die Runden ganz schön anstrengend. Die schnellen So´prints machen sich in der Oberschenkelmuskulatur bemerkbar. Man könnte der Anstrengung ja entgehen, indem man sich absichtlich rauswerfen läßt. Aber daran denkt keiner. Obwohl das Turnier aus Spiel und Spaß besteht: Ein bißchen Ehrgeiz ist schon dabei. Seit etwa sieben Jahren veranstaltet der "Verein gegen unterdrückte Lebensfreude" dieses Baseball-Turnier. "Ein bunt zusammengewürfelter Haufen" sei der Verein, meint Reinhold Brombach: "Ursprünglich war es mal eine Jungschar." Aus diesem Alter sind die jetzt 25- bis 30jährigen längst rausgewachsen.

Schwierige Platzsuche
In den vergangenen Jahren hatte das Baseballturnier immer im Neckartal stattgefunden - auf dem Platz baut jetzt "Aldi". Die Suche nach einem neuen Feld sei schwierig gewesen, sagt Reinhold Brombach. "Die Vereine haben sich ganz schön angestellt. Trotzdem lassen wir uns den Spaß nicht nehmen." Das trifft auch auf die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu. Als am Nachmittag ein Gewitterregen die Spiele unterbricht, lassen sie sich nicht entmutigen. Unter dem Dach der Umkleidekabinen warten sie den stärksten Guß ab - danach geht es wieder rund um "Rounders-Baseball".